Ledertramp

Blog über modernes Nomadenleben, Natur, Freiheit und Lebenskunst

Tjustleden – Wandern im Reich der Seen und Wälder

Im Sommer 2013 bin ich mit meiner Freundin den Tjustleden in Smaland gewandert. Ich hatte im Vorfeld nach einem Weg gesucht, den man gut in 9 Tagen bewältigen kann und der ansprechende Natur bietet. Zudem habe ich nach einem Weg gesucht, der meine Freundin, die ihre erste Trekkingtour vor sich hatte, von meinem Hobby überzeugen würde. Gesucht, gefunden. Der Tjustleden, circa 200 km durch Wald-/Seen- und Farmlandschaft, erfüllt diese Kriterien. Es ging also los…

 

Tjustleden Tag 1 – Eine lange Anreise und ein paar Meter Tjustleden:

Tjustleden Einstieg
Wir brechen früh morgens auf. Um 5:10 geht wie immer der Zug von Köln aus hoch nach Skandinavien. Umstiege gibt es in Hamburg und Kopenhagen. Mittlerweile bin ich die Strecke doch schon relativ oft gefahren und genieße sie jedes mal. Egal ob man zum Bohusleden, zu Tjustleden oder nach Lappland fährt, man nimmt immer diese Route. Das Highlight ist natürlich die Überfahrt mit der Fähre von Fehmarn nach Dänemark. Immer wieder schön und voller Erinnerungen, bin ich doch schon als Kind jedes Jahr diese Strecke gefahren.
Abends kommen wir in Linköping an, fahren weiter über Västervik nach Mörtfors, wo der Tjustleden beginnt. Nachdem wir das Übernachtungshaus des Ostkustleden nicht gefunden haben, wandern wir schon ein Stückchen los und suchen nach einer Zeltstelle. Wir finden eine kleine Hütte, die unverschlossen ist und machen es uns sofort gemütlich zwischen Werkzeug und Schrott. Müde schlafen wir ein.


Tjustleden Tag 2 – Frühstart, Bushwhacking und Seenidylle:

Tjustleden Socken trocknenWir wachen früh auf. Gucken nicht auf die Uhr, die Fotos rekonstruieren später, dass wir wohl gegen 5 Uhr los gewandert sind. Aber wir sind fit und freuen uns auf die Tour auf dem Tjustleden. Schnell wird es sehr warm und man kommt ins Schwitzen, das freut auch die Zecken, von denen wir jeden Tag mindestens 20 Stück sammeln. Einige stechen uns im Laufe des Urlaubs dann auch…Der Tjustleden schlängelt sich gut markiert durch die typische schwedische Wald- und Seenlandschaft. Ich war ein Jahr zuvor auf dem Bohusleden unterwegs und der Tjustleden erinnert mich sehr daran, was nicht nur an den orangen Markierungen liegt. Dennoch ist der Tjustleden auch auf der ersten Etappe schon schwieriger als der Bohusleden. Es geht viel über Felsen und dichtes Geäst. Um die Mittagszeit machen wir Pause und entspannen unsere Füße in einem eiskalten See. Ich trockne schonmal ein wenig meine durch geschwitzten Klamotten, es ist wirklich wahnsinnig warm. Ein paar Müsliriegel später geht es auf dem Tjustleden weiter über Felsen, die mit Moos und Flechten bedeckt sind. Irgendwann hört dann einfach der Weg auf. Waren wir doch bisher meist einem Trampelpfad gefolgt, müssen wir jetzt über umgestürzte Bäume und durch hohe Büsche steigen. Das sollte uns in den kommenden Tagen noch Tjustleden Seeblicköfters passieren. Dies ist vielleicht der richtige Moment für ein wenig Kritik. Der Tjustleden ist wirklich in einem schlechten Zustand. Er ist zwar gut markiert, aber Wege gibt es in weiten Teilen nicht wirklich. Man muss sich oft durch Gebüsch kämpfen, dass deutlich höher ist, als man selbst. Das ist teilweise anstrengend und nervig, wegen der Zecken. Es ist mehr Bushwhacking als Wandern. Wem das gefällt, der wird den Tjustleden lieben. Wer lieber entspannt geht, der nicht. Entschädigend auf ganzer Linie ist dann jedoch die erste offizielle Skärmskydd des Tjusteden. Wunderschön gelegen mit Seeblick, Feuerstelle und Picknickbank. Auch ein Plumpsklo gibt es. Wir machen es uns gemütlich, essen, baden und gehen dann irgendwann schlafen.


Tjustleden Tag 3 – Hitze, Seen und Ruhe:

Tjustleden HütteWir wachen wieder relativ früh auf, frühstücken und gehen auch bald los. Der Tjustleden geht zunächst am See entlang und dann irgendwann in den Wald hinein. Eine Blindschleiche kreuzt unseren Weg, die gibt es hier wirklich massenhaft. Wir kommen auf eine riesige Wiese und laufen einmal quer rüber, der Sonne ausgesetzt. Umso mehr freut man sich dann mal wieder über einen kühlen See. Wir machen fast an jedem See auf dem Tjustleden Pause, füllen die Flaschen auf und kühlen uns ab. Nach der Pause geht es weiter. Wir verlieren keine Zeit, stapfen durch das Dickicht und überqueren einen Bach per Brücke, die relativ neu aussieht. Wieder durch den Wald und wieder über eine Brücke und schon sind wir auch am Etappenziel angekommen. Die Hütte liegt nicht ganz so schön, trotz Seeblick, aber man wird ja auch wählerisch. Dafür hat sich einen Stehgrill, wo dann auch gleich gekocht wird. Danach noch waschen und schlafen. Viel Abwechslung bietet der Tjustleden nicht, aber das wusste ich vorher. Es ist keiner dieser Wahnsinns-Landschaft-Wege, es ist ein kleiner, unbekannter Wald-,Wiesen-, Seenweg. Es ist in der Tat sehr einsam hier. Wir haben ein einziges mal andere Wanderer getroffen, übernachtet haben wir immer allein, nicht wie auf dem Bohusleden, wo es auch schonmal eng in der Hütte werden kann.


Tjustleden Tag 4 – Waldbrandstimmung:

Tjustleden ZeltplatzDer nächste Tag auf dem Tjustleden wird tatsächlich mal etwas hügeliger. Es gibt schöne Aussichten und man muss auch mal die Hände zur Hilfe nehmen beim wandern. Es ist windig heute, die Seen tragen Wellen. Aber so wird es heute wenigstens nicht so heiß. Trotzdem ist das Wetter einfach grandios gut. Irgendwann mittags stehen wir plötzlich auf einer Lichtung, die eigentlich keine sein will. Hier muss wohl mal ein Waldbrand gewütet haben. Die weißen Bäume stehen und liegen wie Mahnmale in der Gegend. Zwischendrin wächst aber schon wieder neues Leben. Erstaunlich wie die Natur so etwas verkraftet. A propos Waldbrand. Das heutige Etappenziel des Tjustleden ist ein schöner See, der auch mal eine Hütte hatte. Die ist aber abgebrannt und deshalb schlagen wir heute unser Zelt auf. Diese Nacht ist die einzige auf dem Tjustleden, in der man ein Zelt benötigt, Natürlich reicht hier auch ein Tarp oder ein Biwacksack. Bei gutem Wetter könnte man auch mit einem tollen Blick einfach auf dem Boden liegen. Wir befestigen die Leinen mit Steinen, kochen und baden. Wir gehen, wie immer auf dieser Tour, früh ins Zelt. Später am Abend kommt dann noch die Dorfjugend für ein Bad und ein Bier vorbei, machen etwas Radau und ziehen dann wieder ab.


Tjustleden Tag 5 – Noch mehr Hitze:

Tjustleden SkärmskyddHalbzeit! Wir starten munter in den Tag, gleich zu Anfang beobachten wir ein Reh. Wir haben zwar auch schon Elche hautnah erlebt, aber es ist trotzdem immer wieder schön auch kleinere Tiere in der Natur zu sehen. Heute ist es wieder richtig warm um nicht zu sagen heiß. Aber diese Etappe des Tjustleden ist kurz und so kommen wir schon früh an unserem kühlen See an. Die Hütte liegt wieder mal sehr schön, der See ist zwar recht flach, aber man kann sich trotzdem reinlegen. Die allabendliche Routine beginnt, kochen, waschen, schlafen. Wir haben übrigens die ganze Tour über mit Holz gekocht. Ich hatte einen selbstgebauten Bushbuddy dabei, meistens haben wir aber einfach das Lagerfeuer benutzt.


Tjustleden Tag 6 – Alternativroute, Ruinen und das Källtorp:

Tjustleden KälltorpIm Gästebuch der Hütte haben wir gelesen, dass die nächste Etappe des Tjustleden der reine Horror sein soll. Es soll alles sehr zugewildert sein und der Weg soll schwer zu finden sein. Mit Blick auf die Karte wandern wir also eine Alternativroute über Waldwege, was auch sehr schön ist. Wir kommen über ein Gehöft, dessen Eigentümer unermesslich reich sein muss. Er kommt uns sogar im dicken Schlitten entgegen, statt aber zu fragen, was wir da auf seinem Gelände machen, grüßt er nur freundlich im vorbei fahren. Wir wandern also weiter abseits des Tjustleden und kommen immer mal wieder an verlassenen Häusern vorbei. Das ist teilweise echt traurig, was für wunderschöne Häuser dort einfach verwittern. Wie gerne würde ich eines der Häuser einziehen. In eines dieser Häuser ziehen wir dann auch tatsächlich ein, wenn auch nur für eine Nacht. Das Källtorp ist ein uraltes Bauernhaus, was aussieht als stünde es in einem Freilichtmuseum gehört offiziell zum Tjustleden. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Es ist ein wirklich wunderschönes Häuschen, was vom örtlichen Wanderverein unterhalten wird. Nach erfolglosem Versuch den Ofen in Gang zu kriegen gibt es heute mal kein warmes Abendessen und wir lesen stattdessen im Gästebuch.


Tjustleden Tag 7 – Eine besetzte Hütte, ein Feld und eintausend Mücken:

Tjustleden SeeAm nächsten Tag geht’s weiter auf dem Tjustleden. Es ist eine sehr schöne Etappe. Wald, Weiden, Blaubeeren, Heidekraut. In der Mitte der Etappe steht eine zusätzliche Hütte. Traumhaft gelegen, leider aber besetzt. Wir machen also nur Pause, kochen, baden und gehen dann weiter, immer dem Tjustleden folgend.
Plötzlich geht der Weg mitten durch ein Getreidefeld. Na gut, also durch, den Bauern wird’s freuen. Am Abend kommen wir an der Hütte an. Es gibt viele Mücken, sodass wir das Innenzelt in der Hütte aufbauen. Wir schlafen schnell ein, der Tag war anstrengend.

 


Tjustleden Tag 8 – Eine Front von Kühen, Himbeeren und deutsche Urlauber:

Tjustleden HimbeerenAm nächsten Tag gehen wir anfangs wieder etwas abseits des Tjustledens, da es gestern wieder extrem zugewuchert war. Wir beobachten eine Hasen, der sich sonnt und haben unseren Spaß mit den Kühen. Als wir ihre Weide betreten, über die uns der Tjustleden führt, stellen sie sich alle in einer Reihe auf und lassen uns nicht durch. Hinten der dicke, riesige Bulle. Okay, wir also ab in den Wald, wo der Tjustleden dann auch langgeht. Der Weg geht allerdings auf der anderen Seite auch wieder raus und das scheinen die Kühe zu wissen, denn als wir wieder auf die Weide treten, stehen sie schon wieder alle in Reih und Glied. Wir fassen uns also ein Herz und gehen weiter, die Kühe sind im Endeffekt ja nur neugierig. Wobei uns so ein Bulle schon ohne Probleme umrennen könnte. Wir ziehen weiter auf dem Tjustleden, wandern durch duftende Blumenwiesen und essen köstliche Himbeeren, die am Wegrand wachsen. Abends erreichen wir eine wunderbare Hütte mit Steg. Wir kochen und setzen uns dann noch auf den Steg. Eine deutsche Familie kommt vorbei, die sich wohl eigentlich ebenfalls da hin setzen wollte, sie ziehen aber ein grummeliges Gesicht und gehen wieder. Spießer. Als wir dann in den Kojen liegen, regnet es tatsächlich mal. Die einzigen 10 Minuten Regen unserer Tour auf dem Tjustleden. Wahnsinn!


Tjustleden Tag 9 – Öde Strecke, tolles Finale:

Tjustleden See letzte EtappeHeute werden wir unsere letzte Hütte erreichen. Diese Etappe des Tjustleden ist relativ unspektakulär. Wir sehen einen merkwürdigen Käfer mit riesigem Geweih, Schmetterlinge und ein Reh. Das schönste ist die Hütte. Top gelegen auf einer Halbinsel und sogar einen Kanadier gibt es hier. Wir drehen also eine Runde auf dem See, dann gibt’s Essen und wir genießen unseren letzten Abend in der Natur des Tjustleden.

 

 

 


Tjustleden Tag 10 – Die letzten Meter und eine Nacht in Kopenhagen:

Die letzte Etappe des Tjustleden ist dann schließlich sehr moderat. Über Feldwege geht es vorbei an Seen und Wiesen. Wir erreichen das Etappenziel um die Mittagszeit und überlegen, wie wir jetzt weitermachen. Ursprünglich war der Plan hier in Falerum noch eine Nacht zu bleiben, aber wir entscheiden uns um und fahren schon nach Linköping. Da suchen wir eine günstige Bleibe, finden nichts und fahren weiter nach Kopenhagen. Hier geben wir uns mit einer Bank am Wasser zufrieden und verbringen dort eine Nacht. Am nächsten Tag geht es dann zurück nach Deutschland.


Fazit:

Der Tjustleden ist schön. Keine Frage. Aber der Zustand ist traurig. Wahrscheinlich gibt es einfach nicht genug Geld oder Helfer um ihn im Schuss zu halten. Dennoch ist er empfehlenswert, denn die Hütten sind einfach toll und auch die Landschaft gefällt!

Weitere Infos zum Tjustleden findest du hier:
Tjustleden im Outdoorwiki

 

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